Tony Blairs späte Erkenntnis, dass der Irakkrieg das Schlamassel im Nahen und Mittleren Osten (mit-)verursacht habe, ist kalter Kaffee und ein schlechter Witz. Der ehemalige britische Premierminister wird ja wohl nicht so blöd sein, dass ihm das mit über 10 Jahre Verzögerung einfällt. Jedem halbwegs gebildeten und informierten Menschen muss seit Jahren klar sein, dass die Geschichte anders verlaufen wäre, wenn Bush und Blair sich aus dem Irak herausgehalten hätten. Zumindest in groben Zügen lagen die Zusammenhänge immer offen auf dem Tisch. Dass Husseins weapons of massdestruction eine Erfindung waren, ist ja auch nicht erst seit Colin Powells „Geständnis“ bekannt. Das jetzt bekannt gewordenen Memo von Powell aus 2002, also ein Jahr vor dem Krieg, ist dann nur noch das Sahnehäubchen auf dem kalten Kaffee.

Schon 2002 waren sich Bush und Blair einig, dass wenn es losgeht, beide zusammen losgehen. Blair nennt das heute eine offene Position. Der Krieg gegen den Irak sei da noch nicht beschlossene Sache gewesen. Jaja, erzähl du nur. Wie muss man sich das vorstellen, als Powell mit Blair in Vorbereitung dessen Treffens mit Bush in Texas gesmalltaked hat?
Da sitzen die Beiden also bei einer Tasse Earl Grey und Gurkensandwiches zusammen und plaudern lustig unbefangen über den Tod von Queen Mom und ob deren Tod ein Reisehindernis sei. No, sagt Tony, gibt ja Wichtigeres. Apropos Tod, wirft Colin ein, nehmen wir mal an, es gibt Krieg, können wir dann auf deine Unterstützung zählen? Klar, antwortet Tony, so wie immer und damals in der Normandie und vergisst nachzufragen: Krieg?! Wo?! Wann?! Warum?! Alles offene Positionen, sagt Colin. „Ach sooo“, ist Tony beruhigt. „Klar, theoretische Krieg lieben wir Brits“.
Wie auch immer … ändern tun Blairs späte Erkenntnisse nix mehr und gelernt hat wohl auch keiner aus den damaligen Fehlern. Zu der Einsicht: Haltet euch raus! ist keiner gelangt. Die Großen und Mächtigen dieser Welt halten sich immer noch für alles zuständig: Afghanistan, Libyen, Syrien und schon wieder Irak. Manchal liefern sie nur Waffen … aber die liefern sie ja eigentlich immer und überall … aber manchmal liefern sie die Munition der Waffen auch persönlich aus.
Kriege verhindert oder beendet haben diese Lieferungen noch nie. Kriege hat es immer gegeben und meist waren sie auch irgendwann einmal zu Ende.
In der Regel kommt das Ende später, wenn einem die Munition nicht ausgeht. Wenn sich zwei die Köppe einschlagen wollen, dann lass sie doch. Setz dich von mir aus mit Popcorn und Bier an den Zaun und guck zu, aber misch dich nicht ein. Die aberwitzigen Koalitionen und Allianzen der vergangenen Jahrhunderte haben viele Kriege erst möglich gemacht. Ja wenn mir keiner hilft, dann habe ich auch keinen Bock mehr mich zu prügeln … Pennäler-Weisheit.
Wenn sich zwei prügeln, gewinnt in der Regel der Stärkere, auch wenn man zu Beginn der Prügelei noch nicht weiß, wer das ist. Und der Stärkere soll dann auch das Land führen. Wird der Schwächere von Außen zum Sieg geführt, dann kann und wird das nicht lange gut gehen, weil im unterlegenen Stärkeren, oder dem, der sich dafür hält, die unbeantwortete Frage brodelt: Warum nicht ich?
Klar ist das Polit-Darwinismus, die Sicht eines Keule schwingenden Neandertalers, aber dieses Urteil lasse ich gern auf mir sitzen, solange es niemand gelingt, mir ein intelligenteres Konzept zur Lösung von Konflikten zu erläutern. Für meinen politischen Darwinismus spricht insbesondere, dass keine konfliktfremden Interessen über Sieg oder Niederlage entscheiden. Es gibt dann auch keine Stellvertreterkriege mehr.
Aber … das Aber darf nicht fehlen, sonst wird es einseitig. Aber gibt es nicht Ausnahmen von dieser Fence-sitting-Strategie? Klar! Wenn einer fremde Länder überfällt und oder wie der GröFaZke im Innern ganze Völker oder Bevölkerungsgruppe selektiv auslöschen will, dann kann kein Mensch mehr vom Zaun aus zugucken. Der zweite Teil des Beispiels ist schwammig, aber der Holocaust war ja auch kein Grund für die Alliierten, Hitlers Kriege zu beenden. Für den zweiten Fall, den Völkermord im Inneren, fällt mir eigentlich nur ein „positives“ Beispiel ein: Pol Pot und der Angriff Vietnams auf Kambodscha, um dessen Massenschlächtereien am eigenen Volk zu beenden. Aber selbst hier gab es eine äußere Initialzündung, denn Vietnam hat sich zu diesem von der Sowjetunion unterstützten Einmarsch erst entschieden, als der durchgeknallte Pot immer öfter vietnamesische Grenzregionen überfiel und dort die Bevölkerung terrorisierte.
Gleichzeitig ist Pol Pot ein gutes … nein ein schlechtes Beispiel für die Einmischung von Außen. In für damalige Verhältnisse aberwitziger Allianz, haben die USA und China die in den Dschungel geflüchteten Khmer gegen Vietnam unterstützt. Die USA, weil sie die Russen scheiße fanden; die Chinesen, weil sie die Vietnamesen scheiße fanden. Und später haben sich dann die scheinheiligen Verteidiger der Menschenrechte, aka USA, dafür eingesetzt, dass Pol Pot in die USA ausgeliefert wird, damit ihm dort der Prozess gemacht wird.
Naja, so sind sie halt, die Großen und Mächtigen … alles kalter Kaffee.
BTW: Vietnam und Kambodscha sind auch ein gutes Beispiel für bzw. gegen den UN-Quatsch. USA und China hätten die vietnamesische Intervention damals sicher mit Veto blockiert und eingeladen wurden die Vietnamesen auch nicht von Pol Pot, so wie Putin immer Wert darauf legt, von Assad eingeladen worden zu sein, um ihm dabei zu helfen, Syrien zu bombardieren.
PS: Ja, ich kann’s nicht lassen, aber vom tagesaktuellen Quatsch versuche ich künftig die Finger zu lassen, sonst dreh ich durch. Ab und an ein bisserl lügen, damit kann ich leben, aber die selbst meinen beschränkten Verstand unterfordernde Dauerlügerei der Großen und Mächtigen macht nobody
fertisch. Da weiß man ja gar nicht mehr, wo man anfangen und wo aufhören soll … ein Kampf gegen Windmühlen.