… nur Braunschweig hat den Durchblick und es kann ja so einfach sein. Frau
muss nur ein neues Tatbestandsmerkmal in den guten alten § 826 BGB reinfummeln.
Gestern hat das OLG Braunschweig erwartungsgemäß die Berufung der Hausfelder zurückgewiesen. Im Ergebnis ist diese VW-Entscheidung wahrscheinlich sogar richtig, weil die Pseudo-Sammelklage der Amis für myright einfach doof war … der Schadensersatzprozess rückt näher 😎 Aber was die Oberkotten in Braunschweig am Ende ihres Urteils zur sittenwidrigen Schädigung geschrieben haben, ist einfach nur doof (aus der PM):
- Ansprüche aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung hat der Senat unter anderem deshalb abgelehnt, weil der Einbau der unzulässigen Abschaltvorrichtung keine Vorschriften verletze, die den individuellen Schutz des Klägervermögens bezwecken würden.
Und wo steht davon was im § 826 BGB?
- Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
Wie schon in 1. Instanz stellt das OLG darauf ab, dass …
- … zwar […] die VW AG in dem Fahrzeug eine unzulässige Abschaltautomatik verbaut [habe], ein Verstoß gegen die Regelungen der EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung (EG-FGV) aber nicht vorliege, denn sowohl die Übereinstimmungsbescheinigung als auch die zugrundeliegende Typgenehmigung blieben trotz der Abschaltvorrichtung wirksam.
Dazu mal nicht Kölle, sondern ein weithin unbeachteter Beschluss des OLG Oldenburg vom 05.12.2018, Az. 14 U 60/18:
- Die Freigabeerklärung des Kraftfahrtbundesamtes ist für Zivilgerichte nicht bindend und nicht geeignet, die zivilrechtliche Rechtsposition des am Freigabeverfahren nicht beteiligten Käufers zu schwächen …
…
Die Beklagte misst der Freigabeerklärung unterschiedliche Bedeutungen bei. Sie meint, dass die Erklärungen des Kraftfahrbundesamtes in der Freigabeentscheidung für die Zivilgerichte bindend seien, dass aufgrund der Freigabe die Unzumutbarkeit i.S.d. § 440 S. 1 Alt. 3 BGB trotz etwaiger Täuschung zu verneinen sei, dass mit der Freigabe die etwaige Erheblichkeit des Mangels i.S.d. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB entfalle oder dass die Feststellungen des Kraftfahrbundesamtes für die gerichtliche Überzeugungsbildung im Hinblick auf die Geeignetheit des Updates als Nachbesserung ausreiche …
Gemeinsam ist den vorgenannten Argumenten, dass die behördliche Freigabeerklärung im Ergebnis zu einer erheblichen Schwächung der Rechtsposition des Käufers im Zivilprozess führen würde. Dies erscheint dem Senat im Grundsatz bedenklich, da der Käufer an dem verwaltungsrechtlichen Freigabeverfahren nicht beteiligt war und daher in diesem Verfahren keine Rechte, die er etwa bei Einholung eines Sachverständigengutachtens im Zivilprozess gehabt hätte (§§ 402, 397 ZPO), wahrnehmen konnte. Zudem dürfte es weder dem Kläger möglich sein, noch ist es dem Senat möglich, die Grundlagen der Freigabeerklärung und der sonstigen stichpunktartigen Feststellungen des Kraftfahrbundesamtes auf Plausibilität zu überprüfen (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 27. März 2018 – I-18 U 134/17 -, Rn. 27, juris); blindes Vertrauen in die der Freigabeentscheidung zugrundeliegenden Einschätzungen des Kraftfahrbundesamtes wird man von dem Kläger kaum verlangen können.
Der Verweis der Beklagten auf die Beweiskraft der Freigabeerklärung als öffentliche Urkunde gemäß §§ 417, 418, 371 b ZPO dürfte nicht helfen, da sich die Beweiskraft öffentlicher Urkunden nur auf die Abgabe einer behördlichen Willenserklärung (§ 417 ZPO) und auf die Wahrnehmungen oder Handlungen der Behörde oder Urkundsperson, ausnahmsweise auch auf Zeugnisse Dritter (§ 418 ZPO) beziehen dürfte, nicht aber auf die sachliche Richtigkeit sachverständiger Einschätzungen und Prognosen (hier z.B. zur Dauerhaltbarkeit der emissionsmindernden Einrichtungen).
Eine Bindung der Zivilgerichte an die in dem Freigabebescheid enthaltenden Ausführungen zu den einzelnen Fahrzeugparametern zum Nachteil des Klägers dürfte auch ansonsten nicht begründbar und mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes nicht vereinbar sein.
Die Frage, inwieweit der Käufer auf die Richtigkeit der Feststellungen des Kraftfahrbundesamtes vertrauen muss und inwieweit Zivilgerichte an diese Feststellungen gebunden sind, könnte vergleichbar sein mit der bereits höchstrichterlich geklärten Frage, die sich im Zusammenhang mit der Rechtmäßigkeit von Prämienerhöhungen privater Krankenkassenversicherungen gestellt hat. Auch hier wurde von Instanzgerichten teilweise die Auffassung vertreten, der Versicherungsnehmer müsse darauf vertrauen, dass die Aufsichtsbehörde bzw. der Treuhänder die Berechtigung der privaten Krankenversicherer zur Prämienerhöhung ordnungsgemäß geprüft hätten; das Zivilgericht sei an die behördliche Genehmigung bzw. die Zustimmung des Treuhänders gebunden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. Dezember 1999 – 1 BvR 2203/98 -, Rn. 7, juris) …
Richtig und deshalb spielt der ganze Verwaltungsquatsch in den Kölschen Entscheidungen auch keine Rolle.
Zum Schadensbegriff des § 826 BGB führt der BGH im Urteil vom 28.10.2014, Az. VI ZR 15/14 grundlegend aus:
- Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Schaden nicht nur dann gegeben, wenn sich bei dem vorzunehmendem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre, ein rechnerisches Minus ergibt. Vielmehr ist auch dann, wenn die Differenzhypothese vordergründig nicht zu einem rechnerischen Schaden führt, die Bejahung eines Vermögensschadens auf einer anderen Beurteilungsgrundlage nicht von vornherein ausgeschlossen. Die Differenzhypothese muss stets einer normativen Kontrolle unterzogen werden, weil sie eine wertneutrale Rechenoperation darstellt. Dabei ist einerseits das konkrete haftungsbegründende Ereignis als Haftungsgrundlage zu berücksichtigen. Andererseits ist die darauf beruhende Vermögensminderung unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände sowie der Vekehrsauffassung in die Betrachtung einzubeziehen. Erforderlich ist also eine wertende Überprüfung des anhand der Differenzhypothese gewonnenen Ergebnisses gemessen am Schutzzweck der Haftung und an der Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes (vgl. nur BGH, Beschluss vom 9. Juli 1986 – GSZ 1/86, BGHZ 98, 212, 217 f., 223 f. mwN; Senatsurteile vom 10. Juli 2007 – VI ZR 192/06, BGHZ 173, 169 Rn. 21 und vom 21. Dezember 2004 – VI ZR 306/03, aaO, 366 f., mwN).
Da der Schadensersatz dazu dient, den konkreten Nachteil des Geschädigten auszugleichen, ist der Schadensbegriff im Ansatz subjektbezogen. Deshalb kann jemand auch bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung dadurch einen Vermögensschaden erleiden, dass er durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages gebracht worden ist, den er sonst nicht geschlossen hätte, und dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (vgl. …).
b) Im Fall einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung dient der Schadensersatzanspruch nicht nur dem Ausgleich jeder nachteiligen Einwirkung durch das sittenwidrige Verhalten auf die objektive Vermögenslage des Geschädigten. Vielmehr muss sich der Geschädigte auch von einer auf dem sittenwidrigen Verhalten beruhenden Belastung mit einer „ungewollten“ Verpflichtung wieder befreien können. Schon eine solche stellt unter den dargelegten Voraussetzungen einen gemäß § 826 BGB zu ersetzenden Schaden dar (vgl. …).
So und nun ist der 1. BGH-Senat dran, denn Braunschweig hat die Revision zugelassen … Bange machen gilt nicht … nobody
hat volles Vertrauen in Karlsruhe … meistens