Vor Terminen beim Landgericht Bonn schlottern mir immer die Knie in Erwartung der dortigen Überraschungen. Ein aktuelles Beispiel:
nobody
verklagt einen Grundstücksverkäufer auf Eigentumsverschaffung. Verkäufer ist eine GmbH & Co. KG. Also verklage ich die Komplementär-GmbH gleich mit, weil so han isch dat an der Uni Bonn gelernt.
Sät dat Hohle Gericht: Aber die GmbH steht doch gar nicht im Vertrag! Nö, aber im Gesetz, denn gem. § 161 HGB gilt:
Soweit nicht in diesem Abschnitt ein anderes vorgeschrieben ist, finden auf die Kommanditgesellschaft die für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften Anwendung.
Und für die darin genannte OHG steht im § 128 HGB:
Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich.
Ja ist denn der Anspruch auf Eigentumsverschaffung eine Verbindlichkeit der KG? Watten sonst!
Aber gilt das auch für unvertretbare Handlungen, wie die Abgabe einer Willenserklärung?
OK, Nachhilfe ist angesagt: Im § 125 Abs. 2 HGB steht:
Ist der Gesellschaft gegenüber eine Willenserklärung abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem der zur Mitwirkung bei der Vertretung befugten Gesellschafter.
Das ist die Entgegennahme einer Willenserklärung. Warum steht im HGB nicht drin, wer eine Willenserklärung (aktiv) abzugeben hat?
Naja, weil das bei der OHG selbstverständlich nur die Gesellschafter machen können, die Kopp und Arme der Gesellschaft sind, wie mir Prof. Huber irgendwann im 3. oder 4. Silvester eingebläut hat. Und bei der KG können es dann nur die Komplementäre, nicht aber die Kommanditisten.
Dat hanse nit verstunn … soll ich schriftlich erklären … echt jetzt.
War aber noch nicht alles.
Warum ich mit dem Klageantrag Auflassung will, wo dieselbe doch schon im Vertrag steht?
O – M – G … minge Klageantrag lautet sinngemäß, die Beklagten (KG + Komplementär-GmbH) gesamtschuldnerisch zu verurteilen, in die Eintragung der Kläger im Grundbuch als Eigentümer blablabla einzuwilligen. Dat hat nix mit Auflassung zu tun.
Vorab mal ein Zitat aus dem Online-Repetitorium für Studies, die sich auf das 1. Staatsexamen vorbereiten:
Der Erwerb des Eigentums an Grundstücken richtet sich nach §§ 873, 925 BGB. Ohne diese Grundlagen des Immobiliarsachenrechts sollte kein Studierender ins Examen gehen.
Schön … und warum saßen diese Clowns auf der anderen Seite der Barriere beim LG Bonn? Examen auf Pützchens Maat geschossen?
Also … nochmal Nachhilfe: Auflassung ist die sogenannte dingliche Einigung (§ 925 BGB) … nobody
hofft, dass die das noch wissen.
Aber das reicht nicht für den Eigentumsübergang bei Grundstücken, die man ja nicht wie Mobilien übergeben kann. Die müssen „umgeschrieben“ werden. Und deshalb steht in § 873 BGB, wie schon die Überschrift „Erwerb durch Einigung und Eintragung“ verrät:
Zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück, … ist die Einigung des Berechtigten und des anderen Teils über den Eintritt der Rechtsänderung und die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlich … blablabla …
Und die Eintragungseinwilligung muss ich ersetzen in der Form des § 29 GBO … also hier durch Urteil. Das weiß jeder Rechtspflegel, aber nicht das LG Bonn.
Bonn ist sowieso ein besonderes Pflaster. Auf der Gegenseite ist eine „weltberühmte“ Kanzlei. Beim Sohnemann des Kanzleigründers habe ich StPO in Bonn gelernt … und jetzt das.
Da widerklagen die Genies auf Zahlung des Restkaufpreises aus selbigem Kaufvertrag, aus dessen notarieller Urkunde sie vollstrecken könnten … O – M – G … sowas lebt und Einstein musste sterben.
Meinte gestern eine Verkehrsrichterin beim AG Kölle zu mir: Schön, dass ihnen die mündlichen Verhandlungen wieder so viel Spaß machen … wenn die wüsste.
