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Die ZEIT wäre dünner (aktuell 74 Seiten plus ZEITMagazin), wenn nicht so viel Mist drin stehen würde … zum Beispiel was eine Sophia Bogner als Hoch auf die Parallelgesellschaft verkauft.
Sophias Onkel ist angeblich vor 40 Jahren aus Äthiopien nach Schland geflohen und nie angekommen. „Ohne Geld, ohne Pass, gestrandet in Deutschland, mit nichts am Körper außer einer aufgerissenen Hose und einem dreckigen Hemd.“
- Noch immer spricht er nur gebrochen Deutsch. Er hat keine deutschen Freunde oder Bekannten. Man kann meinen Onkel als krasses Beispiel für gescheiterte Integration betrachten. Seine gesamte Freizeit verbringt er in der äthiopischen Kirchengemeinde. Er liest die Bibel auf Amharisch, hört fast ausschließlich äthiopische Musik, und wahrscheinlich wird er diese Zeilen niemals lesen, weil er noch nie eine deutsche Zeitung in der Hand hatte. Im Alter plant er zurück »nach Hause« zu gehen. Deutschland wurde nie zu seiner Heimat. Trotzdem lebt er gerne hier. Er zahlt Steuern und beschwert sich nicht über die Deutschen.
Glück gehabt, die Toitschen … fehlt nur noch das Kopptuch … auch nee … Onkel ist ja Christ und Mann. Egal …
Sophia erkennt, dass Onkel in Parallelgesellschaft lebt. Ist aber nicht schlimm, weil …
- Der syrisch-deutsche Politikwissenschaftler Bassam Tibi warnte gerade wieder in der Neuen Zürcher Zeitung: »Neunzig Prozent (der Muslime) leben in Parallelgesellschaften«, das sei eine Kapitulation des deutschen Staats. Wo man Migranten als solche erkennt, wo sie sich in Gruppen zusammentun, scheint die einhellige Meinung, da muss etwas schiefgelaufen sein.
Ich glaube, es ist andersherum. Wer sich eine freie, funktionierende Gesellschaft wünscht, muss genau das wollen: mehr Gruppenbildung, mehr selbstbewusste Communitys! Moment mal, soll das etwa ein Aufruf zur Abschottung werden? Ja, wenn Sie es so nennen wollen. Es lebe die Parallelgesellschaft!
Sie kennen dieses Bedürfnis doch selbst. Es gibt immer einen guten Grund, sich zurückzuziehen – das Wetter, die Nachrichten, die Weltlage. Da verzieht man sich dann am liebsten nach Hause, lässt sich ein Bad ein und trinkt eine Tasse Tee. Der Alltag ist hart, das Leben lang. Einander aus dem Weg zu gehen kann eine Lösung sein, vielleicht sogar die zivilisierteste. Jeder Mensch muss sich zurückziehen können. Das ist wichtig für den persönlichen und gesellschaftlichen Frieden, und es zeugt von Rücksichtnahme.
Im Grunde sind Parallelgesellschaften nichts anderes als Räume des Rückzugs. Hier kann man seine Eigenarten ausleben, ohne dem Rest der Welt damit allzu sehr auf die Nerven zu gehen. Indem wir Parallelgesellschaften als Rückzugsräume akzeptieren, geben wir den Bedürfnissen aller Raum – denen der Mehrheitsgesellschaft und denen diverser Parallelgesellschaften.
Rücksichtslos ist es hingegen, Menschen diesen Rückzugsraum zu verwehren.
Ja das kenn ich. Heute hab ich die Kemenate auch nur kurz verlassen, weil mir noch Pecorino zum Überbacken des grünen Spargels zum Kalbsrücken mit Spätzle gefehlt hat. Wenn jemand heute in die Kemenate gekommen wäre, wäre ich ihm … vielleicht sogar ihr … an die Gurgel gegangen, in meiner Parallelgesellschaft.
Und online muss man für den Scheiß und die Communitys auch noch zahlen. OK, hab ich für den Print auch machen müssen, aber da kann ich wenigstens Fish & Chips in Sophia einwickeln und mit Vinegar würzen.