Wie aus Justizkreisen zu erfahren ist, will das Oberlandesgericht Schleswig erst in einigen Wochen über das Auslieferungsersuchen der spanischen Justiz entscheiden. Warum dauert das so lange?
Weil zunächst die Generalstaatsanwaltschaft an der Reihe ist. Sie führt nach erfolgter Festnahme das Verfahren und beantragt die notwendigen Haftentscheidungen beim OLG. Das OLG prüft nur, ob die Voraussetzungen des EuHbG bzw. des Rahmenbeschluss 002/584/JI erfüllt sind. Wird dies bejaht, dann entscheidet der General abschließend über die Auslieferung, wenn es um einen Mitgliedstaat der Europäischen Union geht. Bei Auslieferung in Drittstaaten liegt die Entscheidung beim jeweiligen Landesjustizministerium. Dann wird es politisch … im Fall des Putschdämons also nicht … sollte es zumindest nicht werden.
Der Orden europea de detención y entrega (PDF) ist vom OLG zunächst anhand der sogenannten Erwägungsgründe zu prüfen. Die haben im Europarecht eine zentrale Funktion.
Erwägungsgrund (12) besagt:
Der vorliegende Rahmenbeschluss achtet die Grundrechte und wahrt die in Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union anerkannten Grundsätze, die auch in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union(7), insbesondere in deren Kapitel VI, zum Ausdruck kommen. Keine Bestimmung des vorliegenden Rahmenbeschlusses darf in dem Sinne ausgelegt werden, dass sie es untersagt, die Übergabe einer Person, gegen die ein Europäischer Haftbefehl besteht, abzulehnen, wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der genannte Haftbefehl zum Zwecke der Verfolgung oder Bestrafung einer Person aus Gründen ihres Geschlechts, ihrer Rasse, Religion, ethnischen Herkunft, Staatsangehörigkeit, Sprache oder politischen Überzeugung oder sexuellen Ausrichtung erlassen wurde oder dass die Stellung dieser Person aus einem dieser Gründe beeinträchtigt werden kann.
Also muss geprüft werden, ob der Putschdämon als politisch Verfolgter im hiesigen Sinne anzusehen ist.
JAAA!! werden da die Honks brüllen. BULLSHIT, sagt nobody
. Das ist so abwegig, dass man darüber gar nicht nachzudenken braucht. Die Gesetze, deretwegen Putschdämon verfolgt wird, gab es schon vor seinem Separatismus und sie nehmen Bezug auf die Verfassung Spaniens.
Carmen Lamela, der zuständigen Richterin, wird oft vorgeworfen, sie habe es auf Putschdämon abgesehen, aber als der Haftbefehl im Dezember 2017 erneuert werden sollte, als Putschdämon in Dänemark war, da hat sie das abgelehnt. Ein Problem ist allerdings die Auslegung bzw. Subsumtion des Art. 472 Código Penal durch Carmen.
Putschdämon hat nicht zur Gewalt aufgerufen, aber zu der kam es im Vorfeld des verfassungswidrigen Referendums, wobei die Gewalt zunächst von den Bullen ausging. In der Folgezeit haben dann aber auch einige Separatisten zu Knüppeln und Latten gegriffen, um auf Bullen einzudreschen, und da sagt Carmen, das hätte Putschdämon wissen müssen und das hat er billigend in Kauf genommen.
Mag sein, aber das ist kein Aufruf zu Gewalt. Allerdings hat diese fehlerhafte Gesetzesauslegung das OLG solange nicht zu interessieren, wie keine politische Motivation dahinter steckt.
Kommen wir zu Artikel 4 des Rahmenbeschlusses, den Gründen, aus denen die Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls abgelehnt werden kann:
Die vollstreckende Justizbehörde kann die Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls verweigern,
1. wenn in einem der in Artikel 2 Absatz 4 genannten Fälle die Handlung, aufgrund deren der Europäische Haftbefehl ergangen ist, nach dem Recht des Vollstreckungsmitgliedstaats keine Straftat darstellt …
(4) Bei anderen Straftaten als denen des Absatzes 2 kann die Übergabe davon abhängig gemacht werden, dass die Handlungen, derentwegen der Europäische Haftbefehl ausgestellt wurde, eine Straftat nach dem Recht des Vollstreckungsmitgliedstaats darstellen, unabhängig von den Tatbestandsmerkmalen oder der Bezeichnung der Straftat.
Putschdämön werden im EU-Haftbefehl fünf Straftaten vorgeworfen:
Artikel 544 Aufwiegelung
Artikel 410 Ungehorsam
Artikel 404 willkürlich falsche Beurkundung oder so ähnlich
Artikel 472 Rebellion
Artikel 432 Unterschlagung öffentlicher Gelder
Also die ersten drei Tatbestände kennen wir in Schland nicht, die beiden letzten schon.
Art. 472 Código Penal ist mit unserem Hochverrat iSv. § 81 StGB vergleichbar, ggf. in der Form des § 83 StGB. Und Art 432 ist unser § 266 StGB.
Die Veruntreuung ist nicht weg zu diskutieren. Das Unabhängigkeitsreferendum war verfassungswidrig und Putschdämon hat es trotzdem durchgeführt und aus dem Staatssäckel bezahlt. PUNKT!
Aber dafür bekommt er höchstens drei Jahre. Bei der Rebellion geht es dagegen zur Sache.
Wenn Carmens Auslegung der Rebellion mit dem deutschen Recht völlig unvereinbar ist, dann greift Art 4 Abs. 4 des Rahmenbeschlusses, denn willkürliche Entscheidungen berühren die Menschenwürde aus Art 1 GG und da hat das BVerfG gesagt: Hier ist Schluss!
Das OLG könnte also nach Eiertanz die Auslieferung auf die Untreue beschränken und dann darf Spanien den Putschdämon nicht wegen Rebellion anklagen.
Das will gut begründet werden und deshalb dauert das so lange.
Abschließend noch eine Bitte an die Medien und sonstigen Schreihälse: Wir leben in einem Rechtsstaat und da hat Politik im skizzierten Verfahren nix zu suchen.