Meine über alles geliebte Omi war eine weise Frau, die fast 100 Jahre alt geworden ist, obwohl sie zwei Weltkriege überlebt hat … oder ist sie so alt geworden, weil sie zwei Weltkriege überlebt hat? Egal … irgendwann im Westen bekam Omma ein Fernsehgerät, schwarzweiß, und wurde fanatischer Follower (würde man heute sagen) von Bundestagsdebatten. Was anderes lief damals ja vor dem Abendprogramm auch kaum … außer dem Testbild.
Omi kannte sie alle, aber ihre Lieblinge waren Strauß und Wehner. Wenn die sich gefetzt haben, dann wurde klein Waldi schon mal in die Küche geschickt: „Zieh die Suppe vom Herd, sonst brennt die an!“
Ach der Herd … den hab ich geliebt. Weiß emailliert und an der umlaufenden „Reling“ hingen immer Geschirrtücher und Topflappen und das Ofenrohr strahlte im Winter eine wohlige Wärme aus … im Sommer unwohlige Hitze. So ähnlich sah er aus
aber in der Platte konnte ich mich sehen. Die blank zu putzen, darum habe ich mich förmlich gerissen.
Und wenn ich dann aus der Küche zur Glotze zurückkehrte … mit verbrannten Fingern oder verbrannter Zunge … vom Naschen … Omma machte Suppen zum Niederknien („Wer viel suppt, der lebt lange!“), dann hat sie mir die Welt erklärt. Wenn der Herbert kam, dann hat sie geschimpft: „Das’n Kommunist!“ Wenn ihr geliebter Franz-Josef dazwischenfunkte, dann kam ihr lautes „da hat er recht“ … und manchmal hinterher leise „… der Nazi!“
Wenn ich mir heute Schwatzshows ansehe, dann frage ich mich manchmal: „Was würde Omma zu dem/der sagen?“ Die vielen politischen Frauen würden sie sicher verwirren. Außer der Hamm-Brücher gab’s damals ja kaum welche. Nehmen wir mal die Alice im Gauland.
Omma würde wahrscheinlich als erstes sagen: „Die sollte sich mal ’ne andere Brille kaufen.“ Omma achtete sehr auf ihr Äußeres und war in ihrer Jugend eine außergewöhnliche Schönheit. Dann würde sie schimpfen: „Hat die keinen Frisör?“ Selbst im Pflegeheim musste wöchentlich einer kommen, um Omis Lockenpracht zu richten.
Beim Thema Kopptuch (im öffentlichen Dienst) würde Omma aufschreien: „Was hat die gegen Kopptücher? Hab doch selbst eins getragen … sind praktisch … und beim Kirchgang isses Pflicht.“ Später hat Omi dann Hüte in der Kirche getragen, aber ich kenn sie noch mit dem Kopptuch.
Beim Thema Kopptuch würde ich Omma wohl widersprechen und widerstrebend leise, so wie sie bei FJS, sagen: Da hat sie recht, die Nazi! Omma würde sich am „Kaffe“ verschlucken und fragen: „Es gibt wieder Nazis? Sogar weibliche? Ich dachte mit Eva und Magda sind die ausgestorben.“
Nationalsozialistisches war Omma fremd, Nazis sind gegen die göttliche Ordnung … ich komm aus einer sehr katholischen Familich. Nazis haben ihr den Mann genommen. OK, eigentlich wurde Opa von Russen erschossen, aber Omma sagte immer: Wir haben doch angefangen! Damit meinte sie den WWII.
„Bist Du sicher, dass die Nazi ist?“, würde Omma nobody
fragen, nachdem sie der Alice eine Weile zugehört hat und dann sagen: „Ist auch egal. Die kann ich nicht wählen. Die sagt nicht, was sie denkt. Und außerdem habe immer Zentrum gewählt!“ Die Union war für Omma irgendwie der Nachfolger vom Zentrum und damit hatte sie ja nicht ganz unrecht.
Und schließlich würde Omi den alles entscheidenden, vernichtenden Satz sagen: „Die haben vielleicht Probleme. Ein bisschen Krieg würde denen nicht schaden. Dann wüssten sie, wie gut es ihnen geht.“
Recht hätte Omma gehabt.
„Und schließlich würde Omi den alles entscheidenden, vernichtenden Satz sagen: „Die haben vielleicht Probleme. Ein bisschen Krieg würde denen nicht schaden. Dann wüssten sie, wie gut es ihnen geht.““ (Zit. nobody)
Ja, genau das ist es doch, was man heute „Geschichtsvergessenheit“ nennt, und was sicherlich einen Großteil der aktuellen Unzufriedenheit ausmacht. Das sehe ich ja genau so, und ich bin auch schon ein ziemlich alter Knacker. Es geht den Leuten einfach zu gut, den meisten jedenfalls, und die haben die bitteren Kriegs- und auch noch Nachkriegsjahre nicht mehr erlebt, sondern sind in Frieden und mehr oder weniger bescheidenem, aber tendenziell zunehmendem Wohlstand großgeworden. Das fördert eine gewisse Gleichgültigkeit, Bequemlichkeit in der man sich einrichten kann, und eben auch „Geschichtsvergessenheit“, weil: das wäre ja unbequem, sich zu erinnern und die Lehren aus dem Geschehenen ins Aktuelle hineinzutransportieren. In ganz grossen Zeiträumen wiederholt sich deshalb Geschichte, auch die schlimmen Zeiten, Verwerfungen in anderem Gewand dann, und ich glaube allen Ernstes, wir haben die letzten 70 Jahre in einer friedvollen Zeit gelebt, aber es ist ganz sicher keine Naturgesetzlichkeit, dass das nun alles so weitergeht, und schon gar nicht mit all den neuen Gegebenheiten wie Krisenherden, Globalisierung mit allen Folgen etc. Und ein Letztes dazu: hier ist Erziehung und Bildung gefragt!!! Das man den jungen Menschen von heute, wenn sie den Weg nicht selbst (mehr) finden vielleicht, erzählt, wie es mal war und noch schlimmer werden könnte! Zu Hause und in den Schulen, ganz wichtig!
Deine Omma hatte recht!
Stimmt. Es gibt tatsächlich eine erkleckliche Anzahl von online-Sesselpupsern, die der Meinung sind, wir würden hier in einer Diktatur leben, manipuliert
von transatlantischen Lügenmedien, im Stadium der gesteuerten Umvolkung, mit chronisch oktroyiertem NS-Schuldkomplex, verseucht von chemtrails und ttip-Chlorhühnchen und regiert von Volksverrätern.
Jedenfalls glauben sie das, seit sie seit dem Maidan ungeschützt den russischen Propagandaorganen ausgesetzt sind. Bei diesen Leuten helfen nur noch eine Rosskur in einem sibirischen Gulag oder nordkoreanischen Straflager, aufwendige Resozialisierungsmassnahmen oder ein persönlicher Integrationshelfer.
Eine Auswanderung wäre aber auch sehr zu begrüßen, siehe zB Popp, Hermann, Gellerman, Bachmann und Rönsch. Wir wollen schließlich nicht so weit gehen wie in einer echten Diktatur, wo den Angehörigen nach Abschluss des Verfahrens die Kosten der Aburteilung und Exekution ihrer Liebsten auferlegt werden.
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