nobody
darf die erfreuliche Nachricht überbringen, dass das LG Chemnitz meine Berufung gegen das „Galgen-Urteil“ des AG Aua angenommen hat. Ich glaube, das muss ich nicht nur denjenigen erklären, die immer noch auf den letzten Teil meiner Aua-Story (Teil 1 und Teil 2 ist hier) warten.
In 1. Instanz hat das Amtsgericht Aua nobody
am 19. Juli 2016 zu 15 Tagessätzen verurteilt wegen Beleidigung des Galgenmanns Jens Döbel aus Schwarzenberg.
Gegen dieses Urteil habe ich noch am gleichen Tag Berufung eingelegt zu Protokoll des AG Aua, ohne die Berufung zu begründen. Auch in der Folgezeit habe ich die eingelegte Berufung nicht begründet … volles Risiko 😎 Die Berufung gegen ein Strafurteil ist fakultativ, d.h. der Verurteilte oder sein Anwalt muss die Berufung nicht begründen.
Andererseits gilt, dass die Berufung vom Berufungsgericht nicht angenommen werden muss, wenn keine Strafe von mehr als 15 Tagessätzen ausgeurteilt wurde (§ 313 StPO).
Natürlich fällt es einem Landgericht leichter, die Berufung zu verwerfen, wenn sie nicht begründet wurde. Trotzdem oder gerade deshalb habe ich die Berufung nicht begründet. Warum?
Kaum zu glauben, aber nobody
hat immer noch unerschütterliches Vertrauen in die deutsche Justiz. Das Urteil des AG Aua ist mit Händen greifbar rechtsirrig, wie Juristen sagen. nobody
sagt, es ist rechtsirre 😛 Und daher bin ich davon ausgegangen, dass das LG Chemnitz diese Rechtsirre auch ohne Begründung der Berufung erkennt. Ein „Test“ … positiv ausgefallen.
Der Klops des Urteils des AG Aua steckt in folgendem Satz:
- Es kommt somit nicht auf die Ansicht des Äußernden [Anm.: das ist
nobody
], sondern vielmehr auf den Empfängerhorizont des Adressaten [Anm: das ist der Galgenmann] an. Dieser fühlte sich – wie bereits ausgeführt – beleidigt.Die Rechtsprechung geht von einem normativ-faktischen Ehrbegriff aus. Gebetsmühlenartig wird von Oberkotten bis rauf zum Bundesverfassungsgericht wiederholt, was das OLG Karlsruhe im Urteil vom 19.07.2012 – 1 (8) Ss 64/12 – AK 40/12 so schön zusammen gefasst hat (PDF):
- Ob eine Äußerung beleidigenden Inhalt hat, ist unter Berücksichtigung aller das Tatgeschehen maßgeblich prägenden Umstände des Einzelfalls allein nach deren objektiven Sinngehalt zu bestimmen. Maßstab für die insoweit vorzunehmende Auslegung ist, wie ein alle maßgeblichen tatprägenden Umstände kennender unbefangener verständiger Dritter die Äußerung versteht. Insofern kommt es weder auf die subjektive Sicht noch auf nach außen nicht hervorgetretene Vorstellungen, Absichten oder Motive des sich Äußernden an. Allerdings ist zu beachten, dass § 185 StGB im Spannungsverhältnis zwischen dem geschützten Rechtsgut der persönlichen Ehre und dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG steht. Lässt somit der zur Auslegung zu ermittelnde objektive Sinngehalt einer Äußerung eine Deutung zu, die auch unter Beachtung und in Abwägung mit dem über Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleisteten Ehr- und Achtungsanspruch des Betroffenen in den Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG fällt und damit bereits die Tatbestandsmäßigkeit der Beleidigung entfallen lässt, so ist dieser Auslegung der Vorzug zu geben.
Wenn es anders wäre, wenn es also auf die Meinung des Beleidigers oder des Beleidigenden ankäme, dann wäre § 185 StGB schlicht verfassungswidrig, weil die Strafnorm nicht definiert, was Beleidigung ist (das BVerfG sieht es teilweise etwas anders). Es wird schlicht davon ausgegangen, dass jedermann weiß, was eine Beleidigung ist. nobody
weiß es nicht, aber das liegt daran, dass ich keine Ehre habe. Die gibt es nämlich im Grundgesetz nicht, sondern nur die Würde des Menschen in Art 1 GG, aber darin soll sich auch Ehre verstecken.
In ein paar Tagen werde ich die Berufung begründen und auch versuchen zu erklären, warum ich in meinen Kraftausdrücken keine Beleidigungen sehe.
An die hier mitlesenden Damen und Herren vom Staatsschutz in Köln, der Abt. 121 der StA und Frau RiAG Sch. von der Abt. 501 des AG Köln hätte ich noch eine Bitte: Auf meinem beschlagnahmten Laptop ist bereits ein Entwurf der Berufungsbegründung gespeichert. Es wäre hilfreich, wenn bald über die Beschwerde entschieden würde, damit ich mir den Senf nicht nochmal aus der Tube drücken muss. Frau Sch. meinte Freitag vor einer Woche, dass „über Beschwerden normalerweise binnen drei Tagen entschieden“ würde. Unter Berücksichtigung des letzten Wochenendes und Postlaufzeiten waren die drei Tage gestern vorbei. Gekommen ist nix. Heute war nur die Ladung zur Berufungsverhandlung in Chemnitz in der Post und morgen … schaun mer ma 😆 Wegnehmen ging jedenfalls schneller.