Heute beginnt in Detmold der Prozess gegen SS-Unterscharführer Reinhold Hanning aus Lage. Reinhold Hanning wird Beihilfe zum Mord in mindestens 170.000 Fällen vorgeworfen. Reinhold Hanning kam 1921 als Sohn einer Arbeiterfamilie im Kreis Lemgo-Lippe zur Welt. Mit 14 Jahren schloss er die Volksschule ab und arbeitete zunächst in einer Fabrik. Damals, 1935, trat er auch in die Hitlerjugend ein. Im Sommer 1940 meldete er sich freiwillig zur Waffen-SS und kämpfte an der Front, bis er im Januar 1942 zum Totenkopfsturmbann nach Auschwitz versetzt wurde. Zwei Mal wurde er dort befördert, zuletzt zum Unterscharführer. Am 16. Juni 1944 kam schließlich die Versetzung ins Konzentrationslager Sachsenhausen, in dessen Nähe er fünf Tage vor Kriegsende in Gefangenschaft geriet. Reinhold Hanning ist inzwischen 94 Jahre alt und gebrechlich, weswegen an den zwölf angesetzten Verhandlungstagen nur jeweils zwei Stunden täglich verhandelt werden kann, berichtet die FAZ.

Als Reinhold Hanning im Juni 1944 ins Konzentrationslager Sachsenhausen versetzt wurde, arbeitete die Vernichtungsmaschinerie auf Hochtouren. Es war die Zeit der „Ungarnaktion“, während der innerhalb weniger Wochen mehr als 300.000 ungarische Juden in den Gaskammern von Auschwitz-Birkenau ermordet wurden. Wie andere SS-Männer gibt Reinhold Hanning zu, dass er in Auschwitz war. Mit den Morden aber will er nichts zu tun gehabt, ja sie noch nicht mal mitbekommen haben. Dabei war der Gestank der verwesenden und verbrannten Leichen in der ganzen Gegend von Auschwitz zu riechen. Rudolf Höß, Kommandant des Konzentrationslagers Auschwitz, am 14. März 1946 über die Leichenverbrennung an den Gasbunkern:
Nach einer halben Stunde wurden die Türen geöffnet und die Leichen durch ein Kommando von Häftlingen, die ständig dort arbeiteten, herausgezogen und ab September 1942 in Erdgruben verbrannt. Vor der Verbrennung wurden die Goldzähne und Ringe entfernt, zwischen die Leichen wurde Brennholz geschichtet, und wenn ein Stoß von ca. 100 Leichen drin war, wurde mit Petroleum getränkten Lappen das Holz entzündet. Wenn die Verbrennung dann richtig im Gange war, wurden die anderen Leichen dazugeworfen. Das auf den Boden der Gruben sich sammelnde Fett wurde mit Eimern dem Feuer wieder zugegossen, um bei besonders nasser Witterung den Verbrennungsprozeß zu beschleunigen. Die Dauer der Verbrennung dauerte 6-7 Stunden. Der Gestank der verbrannten Leichen konnte bei Westwind selbst im Lager bemerkt werden. Nach Räumung der Gruben wurden die Aschenreste zerstampft. Dies geschah auf einer Zementplatte, wo Häftlinge mit Holzstampern die Knochenreste pulverisierten. Diese Reste wurden dann mittels Lastwagen an einer abgelegenen Stelle in die Weichsel geschüttet.
Mit der Masche, ich weiß von nix, versuchen es auch die anderen von mehr als 30 früheren SS-Angehörigen aus der Liste, die die Zentrale Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg vor mehr als zwei Jahren an die Staatsanwaltschaften weitergab. Z.B. der SS-Unterscharführer Hubert Zafke

der 1948 bereits in Polen vom Bezirksgericht in Krakau zu 4 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Oder wie Hilde Michnia, damals noch als Hilde Lisiewicz Aufseherin in Bergen-Belsen

oder SS-Wachmann Ernst Tremmel in Auschwitz

und all die anderen, die leugnen, weil sie nix bereuen. Und wenn sie 100 Jahre als sind: Mord verjährt nicht und deshalb gehören sie vor Gericht. Sie waren so stolz auf ihre Totenkopf-Uniform, nun können sie ihren Stolz vor Gericht und der Weltöffentlichkeit zeigen. Oskar Groening, der einzige von der Liste, der bisher verurteilt wurde (wegen der Beihilfe zum Mord in mindestens 300.000 Fällen vier Jahren Haft), hat in seinem Prozess zugegeben, dass er wie jeder andere in Auschwitz nach kurzer Zeit wusste, welchem alleinigen Zweck das Lager, und damit seine Tätigkeit, diente.
Die FAZ erinnert in ihrem Artikel auch daran, dass sich deutsche Gerichte mit solchen Verfahren schwer früher taten. Als sich die Justiz am Ende der fünfziger Jahre der Verbrechen der Nazi-Zeit annahm, verurteilte sie zwar Dutzende SS-Männer der „reinen“ Vernichtungslager wie Sobibor und Treblinka. Hier reichte den Richtern für die Beihilfe zum Mord, dass die Männer in den Lagern Dienst getan hatten. Aber bei „gemischten“ Lagern wie im Stammlager Auschwitz mit dem Arbeitslager Monowitz, wo nicht jeder direkt in die Gaskammern getrieben wurde (anders beim Vernichtungslager Birkenau), verlangte der Bundesgerichtshof 1969 in seiner Revisionsentscheidung zum Frankfurter Auschwitzprozess, dass den SS-Männern die Mitwirkung an bestimmten Tatkomplexen – etwa der Abfertigung eines Deportationszuges – konkret nachgewiesen werden muss. Allein die Anwesenheit in Auschwitz reichte danach nicht für eine Verurteilung. Reinhold Hanning wurde auch in Birkenau eingesetzt, deshalb würfte es bei ihm leichter sein.
Dass sich die deutsche Rechtsprechung geändert hat, kann als Langzeitwirkung von Staatsanwalt Fritz Bauer und seiner These „Auschwitz als Ganzes begreifen“ bezeichnet werden. Denn jedem, so argumentierte Bauer, sei der Sinn des Lagers bewusst gewesen. Das Landgericht Lüneburg stützte sein Urteil gegen Oskar Gröning im vergangenen Sommer auch auf die Tatsache, dass Gröning das Geld der Häftlinge verwaltet und nach Berlin gebracht hatte. Auch dadurch habe er das Tötungsgeschehen unterstützt. Beihilfe sei nach ständiger Rechtsprechung jede Handlung, „die die Herbeiführung des Taterfolges“ objektiv fördere oder erleichtere, stellten die Lüneburger Richter fest. „Es ist die Rückkehr zu Fritz Bauer“, kommentiert Rechtsprofessor Cornelius Nestler, der im Fall Gröning Überlebende als Nebenkläger vertrat. Leider hat Fritz Bauer seinen Sieg nicht erlebt. Gehen Sie ihm zu Ehren ins Kino und gucken sich “Im Labyrinth des Schweigens“ an, auch wenn es der Film nicht in die Oscar-Nominierungen geschafft hat.
Mehr interessannte Infos zu den anstehenden Nazi-Prozessen finden Sie auf Nebenklage Auschwitz und bei den „alten Kameraden„.
Keiner darf davonkommen!