Die heutige STERN-Glosse … eine STERN-Stunde 😆
Der Urtrieb, sich auch in schwierigen Zeiten einen Spaß an der Freud zu machen: dieser zeichnet auch in diesen Stunden den Kölner aus. Ein vorläufiger Spaßbericht unseres krisen- und wetterfesten Reporters Uli Hauser aus dem Herzen des Gedrängels.

Soeben also kam die Eilmeldung rein: die Sonne scheint im Rheinland am Rhein! Aber während über Köln die Sonne lacht, jetzt in diesem Moment, lacht die Welt über Düsseldorf. Der Zug abgesagt, erst mal nicht wegen däm Terror, sondern wegen däm Wind, Sturmwarnung und so. Und Kritik und Häme von Meteorologen und im Netz, wo jedes und alles sofort ins Universum rausgehauen werden kann. Wir leben in unsicheren Zeiten, nichts ist mehr gewiss in diesen Minuten, in denen sich die Nachrichten überschlagen: verlässlich ist da also nur ein Blick auf das, was zurückliegt. Ein Blick in die Kölner Karnevalspresse und in die Geschichtsbücher. Was also ist passiert seit vergangenem Donnerstag, dem sogenannten „Wieverfastelovend“, dem Karneval der „alten Weiber“ der dieses Jahr in Köln von über 2500 Polizisten gesichert worden war?
Das Wichtigste zuerst: dem Dom schon mal nichts. Denn der ist mit Sicherheitszaun umstellt, damit kein Wildpinkler dem Weltkulturerbe frevelt. Zeitweise wurde er sogar in einer
Männer-Kette von 250 uniformierten Spaßsoldaten der „Roten Funken“ [Anm. nobody
: das rechts sind allerdings die Altstädter, mein Lieblings-Korps] geblockt. Mit dabei auch Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker, die sich mit einer Armlänge Abstand einreihte. Sie war nach den Silvesterkrawallen, auch ein Zeichen, als erste Frau der Welt in das 1823 gegründete Traditionscorps aufgenommen worden. Mit der Zusicherung des Rotfunk-Präsidenten, dass die „absolute Gleichstellung“ der närrischen Bürgerwehr „sehr wichtig“ ist.
Denn Unordnung war schon immer in der Stadt, vor allem im Karneval, wenn sich die Unterschichten austobten. Und deswegen gibt es eben auch das „Festkomitee“, das aus einem „Festordnenden Komitee“ hervorging.
Das war bitter nötig, lange bevor der Nordafrikaner die Gegend um den heiligen Dom, das himmlische Jerusalem, wie der liturgisch bewanderte Katholik auch sagt, besiedelte. Denn im Schutze der Narretei wurde geprügelt, und gehurt. An den tollen Tagen präsentierten Männer Würste als Phall-Beispiele und machten vermummt Jagd auf Frauen. In den Bordellen war Verkehr wie nie und Rosenmontag für viele auch Hochzeitstag. So konnte der Actus Carnevalis, der sündige Geschlechtsakt, noch vor den Beginn der Fastenzeit gelegt werden, der christlichen, zumindest.
Aber zurück in die Gegenwart, in und an und unter den Dom. Hier ist alles blau und gold und raderdoll, es wird geschunkelt und gelacht. Die Polizei hat alles im Griff, sogar eine als Nazis verkleidete Fußtruppe wurde festgehalten und nachhause geschickt. Nur der extra eingerichtete „Frauen Security Point“ am Roncalliplatz ist seit Tagen verwaist. Zwar verzeichnet die Polizei – bisher – mehr Anzeigen wegen sexueller Bedrängungen als im vergangenen Jahr, aber irgendwie gehört das auch dazu. Wie heisst es in einem der schönsten Brauchtumslieder, dargeboten von den „Höhnern“?: „Blootwoosch, Kölsch un e lecker Mädche, dat bruch ene Kölsche, öm jlöcklich zo sin.“
Von Köln also geht in dieser Stunde ein Zeichen an díe Stadt und den Erdkreis: Der leeve Jott is ene Kölsche Jung. Köln trotzt nicht nur dem Terror der Metereologen, und lacht sisch kapott über den schlechtgelaunten Rest der Welt. Dass d’r Zoch ohne Pferde, Schilder und Standarten loszog, die Reiterkorps absatteln mussten und das Dreigestirn diesmal nicht mit einer Kutsche abgeholt werden konnte: drissejal.
Et hätt noch emmer joot jejange. Oder wie man in Köln auch sagt: Wir schaffen das.