Andreas Umland nimmt sich in der NZZ „Die Putin-Versteher und ihre Irrtümer“ vor:
Totschlagargument der sogenannten «Putin-Versteher» in Debatten um westliche Osteuropapolitik ist häufig der Vorwurf der Russophobie. Sich verständnisvoll gebende Interpreten der heutigen russischen Aussenpolitik halten Kritikern von Moskaus Verhalten mangelnde Empathie oder gar versteckte Xenophobie bezüglich des russischen Volkes und seiner Traditionen, Sorgen und Anschauungen vor.
Ein Volltreffer ist Umlands Beschreibung der russischen Propaganda in Russland:
Wer immer Gelegenheit hatte, einige Tage die politischen Nachrichtensendungen und Talkshows der dominanten Kanäle des russischen Staatsfernsehens zu verfolgen, weiss, dass diese keine Massenmedien im westlichen Sinne sind. Die Emotionalität, Aggressivität und Absurdität, mit der die Fernseh-Propagandisten des Kremls viele Prozesse internationaler Politik in antirussische Verschwörungen verdrehen, dürften viele Nicht-Russisch-Sprechende sich kaum vorstellen können. Die tägliche Verbreitung von aussen- und innenpolitischer Hetze, geschickt formulierten Halbwahrheiten und bizarren historischen Mythen in den russischsprachigen Staatsmedien geht noch weit über das hinaus, was dem westlichen Zuschauer auf Russia Today oder von Sputnik News präsentiert wird. De facto gibt es in Russland keinen politischen Massenjournalismus mehr, da fast alle Medien mit hoher Reichweite denselben Einheitsbrei aus selektiver Berichterstattung, manipulierten Nachrichten und abstruser Paranoia verbreiten.
Im Ergebnis greift Umland aber zu kurz, wenn er meint, dass „hinter dem aussenpolitischen Abenteurertum Moskaus … weniger überschäumende Emotionen und geopolitische Verunsicherung [stehen] als taktische Kalkulationen, was die – zumindest kurzfristige – Stabilisierung der russischen Kleptokratie betrifft.“
Die „militärische Überdehnung der zweitklassigen Industriemacht Russland … [und] eskalierende Hochrüstung“ sind kein Selbstzweck, sondern Kriegswirtschaft, wenn auch nicht im herkömmlichen Sinne. Putin will das Rad der Geschichte zurückdrehen. Für ihn ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Putin will die Geschichte zu Ende bringen, in seine geliebten Geschichtsbücher eingehen, auch wenn es danach keine mehr gibt.
Das hat nix mit Russophobie zu tun, sondern ist nobodys
Putinphobie. Der Typ ist geisteskrank und wer das nicht erkennt, ist blind.