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Take the train from Casablanca going south
Blowing smoke rings from the corners of my mouth
Colored cottons hang in the air
Charming cobras in the square
Striped djellebas we can wear at home Well, let me hear you now
Wouldn’t you know we’re riding on the Marrakesh Express
They’re taking me to Marrakesh


Darauf kann man tanzen … hat nobody mehr als einmal gemacht, nicht nur auf „Marrakesh Express„, sondern auch im Marrakesh Express. Zweimal war ich in Marrakesch, aber im Marrakesh Express bin ich dort nur einmal angekommen. Von diesen Reisen will ich was erzählen.

Meine erste Reise nach Marrakesch war 1975 😯 und Teil meiner monatelangen Back­packer-Tour durch Europa. Diese Tour begann im Land, „wo es von unten regnet„, aber die Reise begann schon 1969 in Woodstock. Nein, da war ich nicht, aber von dort kam die Musik, die mein Leben geprägt hat. Das war vor allem die Musik von CSN, „Teach Your Children“, „Ohio“, ganz besonders „Love The One You’re With“ und eben auch besagter „Marrakesh Express„. Den haben die drei Superstars auch in Woodstock gesungen. Der Clip oben ist ein Ausschnitt aus dem Woodstock-Film. Zu der Musik habe ich getanzt und beim Text habe ich davon geträumt, im Marrakesh Express nach Marrakesch zu fahren.

1975 konnte ich mir den Traum erfüllen, denn die Bundeswehr hatte mich mit reichlich Ersparnissen und mit einem für meine damaligen Verhältnisse fetten Übergangsgeld entlassen. Also Ruck­sack schul­tern … der war mir beim Barras als Panzer­grenadier richtig ans Herz … ähmm den Rücken gewachsen 😆 und los. Den Weg von Irland, wo die Tour nach ein paar Tagen Swinging London begann, bis runter nach Algeciras erspare ich ihnen, auch, wie ich von Tanger nach Meknès gekommen bin, denn ich weiß es nicht mehr. Nicht alles auf der Reise war so beein­druckend, dass ein sich für immer in mein Gedächt­nis gefres­sen hat. Ein paar Geschichten schon und vielleicht erzähle ich die noch … ein anderes Mal.

Meknès das ist schon so, wie sich ein Mitteleuropäer den Orient vorstellt, aber die Straßen und Plätze der Souks von Meknès sind noch sehr breit … manchmal aber auch nicht und dann gefährlich. Aber das ist Teil der zweiten Reise und ich will nicht vorgreifen. Richtig eng wird es in der Kasbah von Fès. Dort habe ich auch das Kamel gesattelt, also den Marrakesh Express geentert.
Marrakesh Express
Anders als Graham Nash es später von seiner Reise 1966 mit dem Marrakesh Express erzählt hat, habe ich gleich die Holzklasse genommen. Nur war das nicht so romantisch wie in Grahams Erzählung oder im Songtext. In den neun Jahren seit seiner Fahrt mit dem Marrakesh Express muss sich viel getan haben …

Ducks and pigs and chickens call
Animal carpet wall to wall
American ladies five-foot tall in blue …

habe ich 1975 nicht mehr vorgefunden und den „garden in your hair“ habe ich erst auf der Rückreise im Bus nach Torremolinos gesmellt :mrgreen: Wahrscheinlich hat Graham auch nicht nur Tabak geraucht, als er „smoke rings from the corners of [his] mouth“ geblowt hat 😛

Trotzdem, also auch ohne Hühner, Enten und Schweine, verging die gut zwölf­stün­dige Fahrt wie im Flug. In der Holzklasse waren zwar kaum Marokkaner – die hatten sich vor den „Schweinen“ in Sicherheit gebracht -, dafür umso mehr Back­packer aus allen Natio­nen. An einen Schweden kann ich mich noch dumpf erin­nern, weil er den „Marrakesh Express“ im Marrakesh Express geklampft hat und wir alle mitge­grölt und ge­tanzt haben, dass der Wagon nur so wackelte. Kein Wun­der, dass die Marokkaner nur in der 1. und 2. Klasse reis­ten, ohne uns Schweine.

Was soll man, was soll ich über Marrakesch erzählen. Wahrscheinlich war ja fast jeder schon mal da. Also kann ich mich auf die Aussicht auf den Djemaa el Fna
morocco
beschränken … „Looking at the world through the sunset in your eyes„. Tag und Nacht habe ich auf der Dachterrasse eines Cafés am „Platz der Toten“ verbracht und bei immer neu aufgeschüttetem, leckeren und tödlich süßem Pfefferminztee das Treiben unter mir beob­achtet. Nein, mein Stammplatz war nicht das „Café Argana„, das dem Platz der Toten“ am 28. April 2011 wieder eine nachvollziehbare Bedeutung gegeben hat. Das „Café Argana“ hatte, wenn ich mich recht entsinne, keine Plätze auf dem Dach. An den Namen „meines“ Cafés kann ich mich nicht mehr erinnern, nur an den Pfefferminztee und die 1001 Nacht mit den Gauklern und Dieben.
canon-ae1
Die­be, bes­ser ge­sagt ein paar von Ali Babas 40 Räu­bern, die spiel­ten bei mei­ner zwei­ten Rei­se nach Marok­ko eine Rolle, die eigent­lich unsere erste war. Das muss 1977 ge­we­sen sein, oder schon 1976, je­den­falls am An­fang des Jura­stu­diums in Bonn. 1977 ist wahr­schein­li­cher, denn ich hat­te mir kurz vor der Rei­se die da­mals ni­gel­na­gel­neue Canon AE-1 zu­ge­legt und die kam erst En­de 1976 auf den deutschen Markt. Mann, war ich stolz auf die, stolz wie Oskar.

Die AE-1 hat die Reise nicht überlebt, weswegen es davon nur Bilder in meinem Kopf gibt. Ihr Exitus ist keine Schuld von Dieben, sondern die meines ganz pri­vaten Tsunamis. Das war in Agadir und böse Omen erschienen am Strand in Form einer pechschwarzen angeschwemmten toten Kuh, die sich in der Mit­tags­hitze schon bedrohlich aufblähte, was darauf hin­deutete, dass ihr Exi­tus schon was länger her­lag und es nie­mand für nötig be­fun­den hat, den Kada­ver zu ent­sor­gen. Anyway … dort am Strand von Aga­dir gibt es aus großen Fel­sen ange­leg­te Molen, damit die Strö­mung den Sand nicht nach Maure­tanien treibt. Auf so ei­ne Natur­stein­mole hat sich nobody weit ins Meer hin­aus gewagt, um von dort die Ku­lisse von Aga­dir und meine Süße zu knip­sen, als die plötz­lich wie wild zu fuchteln an­fängt. Hüb­scher Zug und schönes Motiv dachte ich mir und das war das vor­erst Letzte, was ich dachte und der letz­te Shot der AE-1. Eine Monster­wel­le hat mich von den Füßen und den Foto­apparat in den Tod ge­ris­sen. Der To­ten­schein wurde dann später vom Händ­ler in Bonn ausge­stellt, der trocken mein­te: „Sie hätten das Salz­wasser gleich mit Süß­was­ser aus­spülen müssen“ 😯 Ja, hätte, hätte Fahrrad­kette … wer hat denn dazu die Nerven?

250-ali-bAli Baba und fünf oder sechs seiner 40 Räuber kamen dann in den Souks Meknès an einer Art Straßen­kreu­zung, nur was schma­ler, so schmal, dass gerade mal zwei Per­sonen ein­ander pas­sie­ren kön­nen. Shopping. Ich war auf der Suche nach einem Krummdolch und Sie nach … kei­ne Ah­nung, was Frau­en so ein­kau­fen … ei­gent­lich al­les, was sie nicht brau­chen. Die Ge­schäfts­welt in diesen Souks ist fließend. man weiß nie, wann das eine Ge­schäft auf­hört und das nächs­te an­fängt. Man geht links rein, geht rechts rum und kommt um die Ecke wie­der links raus … ganz schön verwir­rend. Ideal, um Tou­ris­ten zu be­klauen, die in die­sem Wirr­warr nicht durch­blicken, es sei denn, man ist Panzer­gre­nadier mit eingebau­tem Kompass 😎

In diesem Labyrinth hatte ich sie verloren, als ich plötzlich ihren Schrei höre. Ortung, Peilung, Angriff … das ist ein Vorgang. Püppi sah zwar zierlich aus … daher auch der Spitzname … aber sie wusste sich zu wehren. Das ge­zielte Knie in die Klöten hatte sie drauf. Nur gegen die vier „Antänzer„, wie man sie heute nen­nen würde, hat­te sie keine Chan­ce. Die Babas waren aber nicht am An­tan­zen, son­dern zerrten an ihr und ihrer Hand­tasche rum, waren zu be­schäf­tigt, um den in ih­rem Rücken anstür­menden nobody zu sehen. Das erste Knie habe ich noch von hinten getrof­fen, beim Knie des Zweiten gab es ein übles Kra­chen in des­sen Gebälk, das alle an­deren Alis, auch die nun in mei­nem Rücken an­rücken­den zwei wei­teren zu Salz­säulen erstar­ren ließ. Püppi geschnappt und nix wie wech. Ich hoffe, den Bur­schen hamse wieder zusammen­geflickt.

Nachdem man uns schon in der vorangegangenen Nacht in unserer Herberge im Schlaf zu bestehlen versucht hatte, war die Süße in Tränen aufgelöst und woll­te nur noch heim. Was macht manN, wenn frau zerstört am Boden liegt? ManN rich­tet sie wieder auf und das funzt mit einem schicken Es­sen im besten Ho­tel am Platz. Konn­te ich mir zwar nicht leis­ten, muss­te ich aber auch nicht ganz be­zah­len, denn im Res­tau­rant trafen wir auf einen Ent­wicklungs­hel­fer aus Kö­nigs­win­ter, der mich ein­ge­la­den hat. Ihn auch für die Süße be­zah­len zu las­sen, habe ich ab­ge­lehnt. Schließ­lich hat­te ich sie ein­gela­den. Ich weiß noch, was ich an dem Abend geges­sen habe, weil mich der „liebe Onkel“ Ent­wick­lungs­helfer nach dem köstlichen Mahl gefragt hat, ob ich denn wüss­te, was ich da ge­ges­sen habe. Es sei Kalbs­hirn gewe­sen, mein­te der frühe­re Studien­rat aus Kö­nigs­win­ter. Nun, ich ha­be ihm aus Höf­lich­keit nicht wi­der­spro­chen, aber es war Bries, manch­mal auch fal­sches Hirn ge­nannt, weil es so ähn­lich aus­sieht, wenn man das gan­ze Fett ent­fernt. Isses aber nicht, son­dern lecker. Da­ran konn­te ich mich schon als klei­nes Kind nicht satt essen.

Und dann machte der … ich habe leider seinen Namen vergessen und auch die Anzeige von seinem Tod nicht mehr … Entwicklungshelfer als Nachtisch einen ganz irren Vorschlag. Er müsse ein paar seiner Projekte abklappern und ob wir nicht Lust hätten, ihn zu beglei­ten 😛 Ja warum nicht?! Am nächsten Morgen hat er uns mit einem klapprigen Renault_4himmelblauen R4 … nein, das ist nur ein Sym­bol­bild, aber ge­nau so sah er aus 😎 … abge­holt und wir sind köl­sche Lie­der in Marok­ko sin­gend schau­kelnd (schau­keln geht pri­ma im R4 :mrgreen: ) nach Marrakesch und von da weiter Rich­tung Ouarzazate ge­düst. In aller Allahfrühe des übernächsten Tages wa­ren wir auf dem Kamm des Atlas, um zu bla­sen. Nicht den Kamm, son­dern in die Hän­de, denn es war arsch­kalt. Dort oben hat­ten wir Halt ge­macht, um Wüs­te zu gucken, denn an­geb­lich kann man von da oben die Saha­ra se­hen. Glau­ben Sie nobody: das ist ein My­thos. Ouar­za­zate konn­te man im Dunst er­ah­nen und das liegt ja schon ganz schön wüst. Kein Mythos ist der Schnee. Mit­ten im Hoch­som­mer in Ma­rok­ko steigste da oben aus, schlot­terst dir einen ab und machst ’ne Schnee­ball­schlacht 😎

So war das. Wer es bis hierhin durchgehalten hat, der will vielleicht wissen, was es mit den nach Garten riechenden Haaren im Bus nach Torre­molinos auf sich hat. Nicht heute, hab keinen Bock mehr und die Story ist zu schön, um kurz ab­ge­han­delt zu werden. Nun stell ich mich schon an wie Schehe­razade mit ihren stän­di­gen Cliffhangern.

Ich will nur kurz verraten, warum ich die Geschichte erzählt habe. Zum einen habe ich es in „Janis lääv“ angedroht, weil es Teil meines „Wasser-Schicksals“ ist, und zum anderen wurde ich angeregt durch den Bericht in der Badischen Zeitung über die Clubs und Diskos in Freiburg, die Asylanten nicht mehr rein­las­sen. Dort wird zwar die Her­kunft der Diebe nicht ge­nannt, aber ein Club­be­sit­zer verrät sich, als er sagt: „Wir haben tra­ditio­nell eine har­te Tür. Die Tür­ste­her sind ma­rok­ka­ni­scher Ab­stam­mung und ken­nen ih­re Pap­pen­hei­mer. Das braucht Fin­ger­spitzen­ge­fühl.“ Und einen Ab­satz davor ist zu lesen:

    Die Vorfälle in den Clubs – von Taschen­diebstählen abgesehen – sind Harry Hochuli, dem Leiter des Innenstadtreviers Freiburg-Nord, nicht zu Ohren ge­kom­men. Bei sexuellen Belästigungen jeder Art sei die Dunkelziffer hoch, im Nacht­leben werde vieles durch Freunde oder Türsteher geklärt.

Ich kann das verstehen. Ich war noch nicht in Algerien und Tunesien kenne ich nur aus Köln-Ostheim, wo es toll ist und zugeht, aber Marokko … 🙄 Schade, denn es ist ein wunder­schönes Land und die Men­schen, die ich dort getrof­fen habe, waren von einer über­schäumenden Gast­freundlichkeit, vor allem die Stäm­me in den Bergen, im Atlas­gebirge.

Ride to Agadir von Mike Batt, in memoriam der schwarzen Kuh:

PS: Bevor jemand auf dumme Gedanken kommt: Ich bin stolz darauf, nie nicht irgendwelche Drogen, also z.B. Hasch angerührt zu haben. Ich qualme wie ein Schlot, saufe wie ein Loch, aber das war’s dann auch.