Februar und der Winter ist vorbei. 8 Uhr morgens, 6 Grad plus. Wochenende ist Regen angesagt, sagen sie freitags im Radio. Ein verregnetes Nichtwinterwochenende kann man in diesem Kaff nur mit Lektüre überleben. Ab in den Buchladen, Wochenendurlaub buchen, wenigstens für den Kopp. Kleine Stadt, kleines Angebot. Aber ich habe was gefunden. Kein Krimi. Krimis mag ich nicht, außer alten Maigrets oder Malets … Paris eben 🙄 Auf dem „Mörder mit dem grünen Apfel“ steht „Kriminalroman“, aber der spielt in Paris und weil „Le Monde“ das Erstlingswerk von Christophe Carlier über die Maßen gelobt hat, gebe ich dem Buch eine Chance.
Ist aber kein Krimi und falls doch, ein völlig missglückter, denn schon auf Seite 33 unten, noch bevor es den Toten gibt, weiß ich, wer ihn töten wird … und ich bin weiß Gott kein Krimi-Spezialist. Trotzdem, das Buch ist geschickt erzählt. Eine Woche im Hotel, eine Woche im Leben von Zufallsbekanntschaften, jeder Tag in Kapitel geteilt, erzählt aus der Sicht des zufälligen Mitspielers. Also habe ich durchgehalten. Schließlich wollte ich wissen, wie er/sie (?
) es macht und ob sie/er (?
) geschnappt wird. Das werde ich hier natürlich nicht verraten, denn wer es nachlesen will, dem soll es auch noch Spaß machen, so wie mir. Und es hat Spaß gemacht. Nur der Schluss ist albern, psychologisierendes Geschwafel.

Das war Freitag. Jetzt ist Samstag. Also muss ich das zweite Buch langsamer lesen. Oder gar nicht, denn die Sonne scheint … von wegen Regen … 15 Grad, ich sitze ohne Mantel vor dem Café und pinsel meinen Senf dazu. Noch nicht zum zweiten Buch, Kurzgeschichten über den Sommer und die Liebe: „Sommerliebe„.
Daraus eine ganz kurze, die kürzeste Geschichte aus „Ruckzuck. Die schnellsten Geschichten der Welt“ von Anthony McCarten:
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Die Italienerin
Ich spreche kein Italienisch. Habe nicht viel Ahnung von Italienern. Das sollte zu Anfang gesagt sein. Ich erinnere mich an einen Sommer in der Dordogne. Riberac. Eine Rucksacktouristin in einem Café. Luna. Wir tanzten und gingen danach in meine Pension. Tolles Mädchen. Doch bei Sonnenaufgang stand sie auf – sie müsse für zwei Tage zu einem Freund nach Chartres. Ihr Mobiltelefon ließ sie da.
Ich war krank vor Eifersucht, weil ein anderer jetzt Lunas wunderbaren Körper unter sich hatte, oder über sich – das ganze Elend eben -, und lag die ganze Nacht wach. Frühmorgens ging das Telefon, Lunas Telefon. Ein Hechtsprung – ich sah gerade noch einen Namen auf dem Display, nicht ihren, sondern Sveglia.
Ich: Hallo?
Schweigen am anderen Ende.
Ich: Hallo? Wer ist da? (Blick auf die Uhr. 8:05.)
Luna, bist du’s? (Schweigen.)
Den Tag verbrachte ich in der Gegend von Cahors. Der Fluss. Die Stadt. Die Höhlen mit ihren 30000 Jahre alten Zeichnungen. Dann mit ein paar Flaschen Rotwein zurück nach Riberac. Meine Pension kam mir jetzt hässlich vor. Ich überlegte, ob ich in eine andere umziehen sollte – aber würde Luna mich dort finden?
Am nächsten Morgen, gleiche Zeit, wieder das Telefon.
Ich: Hör mal, wenn du Luna willst, die ist nicht da. Sveglia – bist du das? Ich kann dich nicht hören. Was rufst du dauernd hier an?
Luna kam nicht zurück. Nicht an diesem Tag und auch nicht am nächsten. Und jeden Morgen das Gleiche – das Telefon klingelt, ein Name auf dem Display. Sveglia. Aber Sveglia sagt keinen Ton.

Ich: Hallo? (Schweigen.) Luna bist du’s? (Schweigen.) Sveglia? Scheiße. Lass mich in Ruhe!
Nach vier Tagen kam Luna zurück. Ich blickte aus dem Fenster und sah meine Luna, wie sie die Straße heraufkam und dann beim Blumenhändler stehen blieb. Ich packte ihr Mobiltelefon und stürzte die Treppe hinunter.
Ich: Wer ist er? Wer ist Sveglia?
Sie: Wovon redest du?
Ich: Wer ist Sveglia? Dein Telefon, es hat jeden Morgen geklingelt. Irgendein Kerl. Ich weiß, was gespielt wird! …
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Den kurzen Rest verrate ich nicht, aber wer ein bisschen Italienisch spricht, der kann sich denken, was kommt 😛 und einen „kleinen“ Hinweis habe ich schließlich auch hinterlassen 😎