Polen will die Präsenz seiner Streitkräfte im Osten des Landes erhöhen, ist zu lesen (z.B. Süddeutsche Zeitung) und schon schallt es vereint im Chor der Putinisten: „Provokation!“ Bevor diese „Diskussion“ völlig im Niveau dieser Maulwürfe versackt, ein paar Fakten:
Bis vor 23 Jahren war Polen Mitglied des Warschauer Paktes, des Widerparts zur NATO. Damals hatten Polen und Russland noch eine gemeinsame Grenze, denn Russland war noch die UdSSR (aka Sowjetunion), der große sozialistische Bruder im Osten. Der Feind stand damals im Westen, nicht direkt, denn direkt war es die DDR, aber gleich dahinter kam die NATO. Völlig logisch, dass im Kalten Krieg alle polnischen Soldaten im Westen des Landes konzentriert wurden.
Nach dem Zusammenbruch der UdSSR und Auflösung des Warschauer Paktes (1991) ist es so geblieben: Polens Soldaten stehen immer noch im Westen. Geändert hat sich nur, dass der Nachbar jetzt Bundesrepublik Deutschland heißt. Im Osten hieß der Nachbar nicht mehr Sowjetunion, sondern Belarus (Weißrussland). Auch kein Grund zur polnischen Panik.
Dann ist Polen 1999 der NATO beigetreten, hat also quasi die Seiten gewechselt. Dadurch hat sich im Osten zunächst nix geändert, alles blieb friedlich, also hat Polen seine Streitkräfte auf 120.000 Mann reduziert, die immer noch fast
alle im Westen standen (rechts eine Grafik mit der Verteilung der polnischen Standorte, zwar 15 Jahre alt, aber immer noch gültig). Im Osten Polens sind nur etwas über 1000 Mann stationiert, nicht einmal ein ganzes Prozent 😯 Dass die Polen ihre Truppen in den Osten verlegen, war IMHO längst überfällig.
Passiert ist aber nix, weil es im Osten nix Neues gab und alles schön ruhig blieb und die Verlagerung der Armee nach Osten natürlich sauteuer ist. Es fehlen die Kasernen. Also wozu etwas ändern. Jetzt hat sich aber was geändert: Krim – Donbass. Ziehen jetzt 110.000 polnischen Soldaten in den Osten des Landes um? Nein, leider nicht. Die polnische Truppenpräsenz im Osten soll auf etwas über 3000 Mann aufgestockt werden und dass über einen Zeitraum von acht Jahren. Mal ehrlich, liebe Polen, wollt ihr nobody
verarschen? Naja, die Polen vielleicht nicht, aber die Russentrolle verarschen das Netz mit ihren Gekreische.
Ein Gesichtspunkt geht im Geschrei von Putins 5. Kolonne völlig unter. Polen hat seit Jahren wieder eine gemeinsame Grenze mit Russland. Der russische Kriegsminister Schoigu war so nett, uns bei seinem Besuch in Minsk daran zu erinnern, dass es eine Weißrussische/Russische Staaten-Union gibt. Diese fast in Vergessenheit geratene Staaten-Union versucht Putin seit 2007 wiederzubeleben. Putin hat 2002 sogar vorgeschlagen, Belarus als 90. Provinz in die Russische Föderation aufzunehmen 😎
Teil dieser Staaten-Union ist ein gemeinsames Verteidigungskonzept. Dieser … nennen wir es mal „Minsker Pakt“ beinhaltet, dass die Streitkräfte beider Staaten unter gemeinsamen Oberbefehl eines russischen Generals stehen, mit Hauptquartier in Kaliningrad. OK, nix besonderes, denn auch an der Spitze der (militärischen) NATO steht ein Ami. Die Aufgabenverteilung im „Minsker Pakt“ sieht offiziell so aus, dass Belarus die Luftverteidigung übernimmt (deswegen ist gestern in Minsk auch vereinbart worden, dass Weißrussland bis Jahresende vier Raketenabwehrsysteme des Typs S-300-PS bekommt) und Russland die Landverteidigung. Deshalb baut Russland eine weitere Militärbasis in Weißrussland, was ebenfalls gestern vereinbart wurde, aber auch einen neuen großen Luftwaffenstützpunkt in Belarus (RIA Novosti). OK, im Vergleich zur NATO auch kein Unterschied … falsch! Denn die NATO darf das nicht. Das verbietet die NATO-Russland-Akte.
Vertraglich ist zwischen Belarus und Russland geregelt, dass russische Streitkräfte, ohne um Erlaubnis fragen zu müssen, über weißrussisches Territorium rollen dürfen. Nur die Atomsprengköpfe müssen draußen bleiben. Die rochieren dafür in Gestalt der TOPOL-M (mobil) rund um die Uhr an 365 Tagen an der Grenze zu Belarus entlang.
Das Russland von diesem militärischen „Notwegerecht“ auch tatsächlich Gebrauch macht, hat man … also zumindest nobody
… gesehen, als beim Aufmarsch der russischen Truppen entlang der Grenze zur Ukraine ein Teil von Brjansk nicht nur in Klimowo von den Zügen entladen wurde, sondern sich danach Richtung Westen in das Gebiet zwischen Homel und Mazyr in Belarus auf den Weg gemacht hat.
Kleiner Gag am Rande: Der russische FSB nimmt die Aufgaben des Zolls an der Grenze Weißrusslands zu Polen wahr
Wer’s nicht glaubt und/oder hier Quellen vermisst, der soll halt weiter träumen. Polen jedenfalls ist (ein bisschen) aufgewacht, bevor Polen überfällig wird.